Aus der Trickkiste der Quantenküche.
Die Diskussion über die Bedeutung des Mentalen und die Bestimmung des Verhältnisses von Physikalischem und Mentalem ist nicht abgeschlossen. Sie verläuft in Wellen, zumindest in der interessierten Öffentlichkeit, vor einigen Jahrzehnten angestoßen durch die moderne Hirnforschung. Wenn es hier ruhiger geworden ist, dann vielleicht deswegen, weil es weniger Spektakuläres als vielmehr einen konstanten Fortschritt in den Neuro- und Kognitionswissenschaften gibt. Das konfliktreiche Verhältnis von Hirn und Geist ist auf die sachliche Ebene der vielen kleinen Schritte und neuen Erkenntnisse gehoben, die man in einschlägigen populärwissenschaftlichen Zeitschriften nachlesen kann (zum Beispiel in der seit 2002 bestehenden Magazinreihe „Gehirn&Geist“ bei spektrum.de). – Auch in der Philosophie ist die Diskussion nicht erledigt, sondern scheint ein Thema zu sein, das immer wieder – mal mehr, mal weniger – kontrovers diskutiert wird und gleichsam unerledigt auf Bearbeitung und bessere Lösungen wartet. Vielleicht gibt es heute tatsächlich neue und überzeugendere Ansätze für ein eigentlich uraltes Problem: Worin die geistigen Fähigkeiten des Menschen ihren Grund haben.
Ich möchte anhand von zwei Aufsätzen aus den Jahren 1997 und 2013 einen Aspekt beleuchten, unter dem das Verhältnis von Neuronalem und Mentalen betrachtet werden kann – und interessante Lösungen bietet: Die Frage nach der mentalen Verursachung. Dafür werde ich die Positionen von Paul Humphreys und Roger Penrose (zusammen mit Stuart Hameroff) darstellen, vergleichen und Perspektiven abwägen. Es wird nur eine Skizze sein, denn eine ausführliche Beschäftigung mit diesen beiden philosophischen Positionen würde eine weitergehende wissenschaftliche Arbeit erfordern.
I. Zuerst also zu Paul Humphreys: „How Properties Emerge.“ (Philosophy of Science, 64 (March 1997) pp. 1-17. 0031-8248/97/6401-0001, verfügbar unter https://www.jstor.org/stable/188367) Ehe Humphreys seine Grundlinien spezieller emergenter Eigenschaften in Bezug auf mentale Verursachung (Aufwärts- und Abwärtsverursachung, vgl. abstract) darstellt, gibt er eine präzise Zusammenfassung der Problemlage nach Yablo:
Lurking in the shadows of contemporary philosophy of mind is an argument widely believed to produce serious problems for mental causation. This argument has various versions, but one particularly stark formulation is this:
„(1) If an event x is causally sufficient for an event y, then no event x* distinct from x is causally relevant to y (exclusion).
(2) For every physical event y, some physical event x is causally sufficient for y (physical determinism).
(3) For every physical event x and mental event x, x is distinct from x (dualism).
(4) So: for every physical event y, no mental event x* is causally relevant to y (epiphenomenalism).“ (Yablo 1992)Im Schatten der zeitgenössischen Philosophie des Geistes lauert ein Argument, von dem weithin angenommen wird, dass es ernste Probleme für die geistige Verursachung mit sich bringt. Dieses Argument gibt es in verschiedenen Versionen, aber eine besonders deutliche Formulierung lautet wie folgt:
a.a.O. S 1
(1) Wenn ein Ereignis x kausal hinreichend für ein Ereignis y ist, dann ist kein von x verschiedenes Ereignis x* kausal relevant für y (Ausschlussargument).
(2) Für jedes physikalische Ereignis y ist irgendein physikalisches Ereignis x kausal hinreichend für y (physikalischer Determinismus).
(3) Für jedes physikalische Ereignis x und mentale Ereignis x* ist x von x* verschieden (Dualismus).
(4) Also: für jedes physikalische Ereignis y gibt es kein mentales Ereignis x*, das für y relevant ist (Epiphänomenalismus).“ (nach Yablo 1992)
[Alle Übersetzungen zum Teil mit Hilfe von Deepl.com]
Seine Schlussfolgerung ist so einfach wie eindeutig:
This exclusion argument, as it is usually called, has devastating consequences for any position that considers mental properties to be real including those non-reductive views that suppose mental properties to supervene upon physical properties. For if mental properties are causally impotent vis-a-vis physical properties, the traditional worry about epiphenomenalism confronts us: What is the point of having them in our ontology if they are idle? Abstract objects escape this worry, for we do not expect them to do causal work, but mental properties are retained in part because we believe them to affect the course of the world. If the exclusion argument is sound, then ratiocination, qualia, and the hopes and fears of mankind are simply smoke on the fire of brain processes.
Dieses Ausschlussargument, wie es gewöhnlich genannt wird, hat verheerende Folgen für jede Position, die mentale Eigenschaften als real ansieht, einschließlich der nicht-reduktiven Ansichten, die davon ausgehen, dass mentale Eigenschaften physischen Eigenschaften übergeordnet sind. Denn wenn mentale Eigenschaften gegenüber physischen Eigenschaften kausal impotent sind, stehen wir vor dem traditionellen Problem des Epiphänomenalismus: Welchen Sinn hat es, sie in unserer Ontologie zu haben, wenn sie unwirksam sind? Abstrakte Objekte entgehen diesem Problem, da wir nicht erwarten, dass sie kausal wirken, aber mentale Eigenschaften werden zum Teil deshalb beibehalten, weil wir glauben, dass sie den Lauf der Welt beeinflussen. Wenn das Ausschlussargument stichhaltig ist, dann sind Schlussfolgerungen, Qualia und die Hoffnungen und Ängste der Menschen nur Rauch auf dem Feuer der Gehirnprozesse.
a.a.O. S 2
Drastisch und plastisch – und es wird noch schlimmer: Jaegwon Kim (1992) weist nach, dass nicht-reduktiver Physikalismus zu der Annahme führt, dass mentale Eigenschaften physikalische Eigenschaften verursachen müssen. Dieses „downwards causation argument“ (Humphreys) betrifft nicht allein nicht-reduktive, sondern auch emergentistische Ansätze. Diese gilt es genauer zu analysieren. Solange das Argument der Abwärts-Verursachung zu einer für heutige Philosophie schwer zu akzeptierenden dualistischen Ontologie führt, verletzt es die kausale Geschlossenheit der physikalischen Welt und lässt nur Raum für Arten von Supervenienz zwischen den verschiedenen Stufen der Ontologie unserer Welt. Eine verbreitete, aber falsche Annahme, wie Humphreys zeigen möchte.
Eine bloße Unterscheidung hierarchischer, aufeinander aufbauender ontologischer Ebenen mit spezifischen Eigenschaften für jeden Bereich der Wissenschaften (zum Beispiel Physik – Chemie – Biologie … – Psychologie) führt nicht weiter, weil Wissenschaften in einer Weise auf einander bezogen und miteinander verwoben sind, dass die Zuweisung diskreter ontologischer Ebenen letztlich beliebig wäre (vgl. a.a.O. S 5). Aber die Verkettung voneinander abhängiger Kausalitätsbeziehungen über unterschiedliche Ebenen hinweg (Eigenschaftsinstanzen auf der Basis eines bestimmten 0-Levels) ermöglichen Emergenz auf höheren Ebenen (1. Voraussetzung). Die nähere Analyse des Downward-Causation-Arguments (Abwärts-Kausalität) ergibt, das konkrete emergente Eigenschaften (genauer: Eigenschaftsinstanzen) auf einer höheren Ebene die entsprechenden nicht-emergenten Eigenschaften auf der darunterliegenden Basisebene zwar voraussetzen, aber dennoch eigene Wirkungen hervorrufen: „… the idea being that emergent properties cannot exist separately from whatever physical properties give rise to them.“ – … die Idee, dass emergente Eigenschaften nicht getrennt von den physikalischen Eigenschaften existieren können, die sie hervorbringen, zugleich aber „neue“ („novelty“) Eigenschaften repräsentieren – was zu der Schlussfolgerung führt: „A property is emergent only if it has novel causal powers.“ – Eine Eigenschaft ist nur dann emergent, wenn sie neue kausale Kräfte hat (a.a.O. S 8) (2. Voraussetzung). Humphreys formalisiert die Zusammenhänge um der Klarheit willen („a certain suggestiveness that may be helpful.“) – ich verzichte hier darauf. Die vollständige Kombination verschiedener Instanzen der Eigenschaften von Level-Entitäten (exhaustive set of i-level properties) definiert er als fusion operation – Vereinigungsoperation.
I want to emphasize that it is the fusion operation on the property instances that has the real importance for emergence. … By a fusion operation, I mean a real physical operation, and not a mathematical or logical operation on predicative representations of properties. That is, * is neither a logical operation such as conjunction or disjunction nor a mathematical operation such as a set formation. …
The key feature [of this fusion operation] is that it is a unified whole in the sense that its causal effects cannot be correctly represented in terms of the separate causal effects of [the single properties]. The original property instances P… no longer exist as separate entities and they do not have all their i-level causal powers available for use at the i+1)st level. Hence, these i-level property instances no longer have an independent existence within the fusion. In the course of fusing they become the i + 1-level property instance, rather than realizing the i + 1-level property in the way supervenience theorists allow the subvenient property instances to continue to exist at the same time as the supervenient property instance.When emergence occurs, the lower level property instances go out of existence in producing the higher level emergent instances.
Ich möchte betonen, dass die eigentliche Bedeutung für die Emergenz der Fusionsvorgang auf den Eigenschaftsinstanzen ist. … Mit einer Fusionsoperation meine ich eine echte physikalische Operation und keine mathematische oder logische Operation an prädikativen Darstellungen von Eigenschaften. Das heißt, * ist weder eine logische Operation wie Konjunktion oder Disjunktion noch eine mathematische Operation wie eine Mengenbildung. …
Der springende Punkt [dieses Fusionsvorgangs] ist, dass es sich um ein einheitliches Ganzes in dem Sinne handelt, dass seine kausalen Wirkungen nicht korrekt durch die separaten kausalen Wirkungen [der einzelnen Eigenschaften] dargestellt werden können. Die ursprünglichen Eigenschaftsinstanzen P… existieren nicht mehr als getrennte Einheiten, und sie haben nicht alle ihre kausalen Kräfte der i-Ebene für die Verwendung auf der i+1)-ten Ebene zur Verfügung. Daher haben diese Eigenschaftsinstanzen der i-Ebene im Rahmen der Fusion keine eigenständige Existenz mehr. Im Laufe der Verschmelzung werden sie zur i+1-Eigenschaftsinstanz, anstatt die i+1-Eigenschaft in der Weise zu realisieren, wie Supervenienztheoretiker die subvenienten Eigenschaftsinstanzen gleichzeitig mit der supervenienten Eigenschaftsinstanz weiterbestehen lassen.Wenn Emergenz auftritt, erlöschen die Eigenschaftsinstanzen der unteren Ebene, indem sie die emergenten Instanzen der höheren Ebene hervorbringen.
a.a.O. S 9-10
Genau damit hat Humphreys seine Definition von Emergenz geliefert: nämlich die Verschmelzung einzelner Eigenschaftsinstanzen über einer darunterliegenden Basisebene – beachte die Unterscheidung von subvenient – supervenient in dem Zitat! Entscheidend für ihn ist der Unterschied zur Definition von Supervenienz, bei der sowohl Basiseigenschaften wie superveniente Eigenschaften gleichzeitig bestehen bleiben. Sie kann niemals eine kausale Relation beinhalten. Bei Emergenz in seinem Sinne verschwinden aber die Basiseigenschaften auf der höheren Ebene und gehen in den Eigenschaftsinstanzen der Verschmelzung auf, – wobei Emergenz aufgrund von Fusion nicht der einzige Weg ist, auf dem auf höherer Ebene Eigenschaftsinstanzen entstehen:
These higher level instances are usually emergent, and so it might be thought that they must themselves be formed by fusion from lower level instances and not by direct action at the higher level. This concern fails to give sufficient credit to the ontological autonomy of emergent property instance…
… higher level instances act as property instance atoms even though they may, under the right circumstances, be decomposed into lower level instances.Diese Instanzen der höheren Ebene sind in der Regel emergent, so dass man annehmen könnte, dass sie selbst durch Verschmelzung aus Instanzen der niedrigeren Ebene und nicht durch direktes Handeln auf der höheren Ebene entstanden sein müssen. Damit wird der ontologischen Autonomie emergenter Eigenschaftsinstanzen nicht ausreichend Rechnung getragen…
a.a.O. S 13
…Instanzen höherer Ebenen fungieren als Atome von Eigenschaftsinstanzen, auch wenn sie unter den richtigen Umständen in Instanzen niedrigerer Ebenen zerlegt werden können.
Paul Humphreys fasst sein bisheriges Ergebnis zusammen: Undifferenzierter Physikalismus übersieht den Ursprung und die Bedeutung der Instantiierung von Eigenschaften auf unterschiedlichen Ebenen. Dabei ist erst die Verschmelzung von Eigenschaftsinstanzen auf der höheren Ebene das, was eigentlich Emergenz ausmacht, nicht schon die Wirkungen der Instanzen auf der Basisebene. Diese ‚Fusion‘ gewährt den Eigenschaften auf der emergenten Ebene „a robustly ontic attitude“ (S 15). Das veranlasst Humphreys dazu, mentale Eigenschaften nicht allein epistemisch beschreiben zu wollen, sondern Entsprechungen und Beispiele in den Basiswissenschaften selbst zu suchen. Dem geht er, allerdings mehr andeutungsweise, in dem letzten Abschnitt „From Metaphysics to Physics and Back“ (Ss 15 – 17) nach.
Wenn die beschriebene Möglichkeit von emergenten Eigenschaften (ohne die Schwierigkeiten des Exklusions- und Downward-Causation-Arguments s.o. (1) und (4)) nicht rein abstrakt bleiben sollen, müssten Beispiele dafür in ‚unserer Welt‘ angegeben werden können. Humphreys findet sie in den verschränkten Zuständen der Quantenmechanik.
I believe that the interactions which give rise to these entangled states lend themselves to the fusion treatment described in the earlier part of this paper, because the essentially relational interactions between the ‚constituents‘ (which no longer can be separately individuated within the entangled pair) have exactly the features required for fusion.
Ich glaube, dass die Wechselwirkungen, die zu diesen verschränkten Zuständen führen, sich für die im früheren Teil dieses Artikels beschriebene Fusionsanwendung eignen, weil die im Wesentlichen relationalen Wechselwirkungen zwischen den „Bestandteilen“ (die innerhalb des verschränkten Paares nicht mehr einzeln individualisiert werden können) genau die Merkmale aufweisen, die für die Fusion erforderlich sind.
a.a.O. S 16
Er sieht darin eine eindrucksvolle Bestätigung seines Emergenzbegriffs, zumal Quantenverschränkungen empirisch zugänglich sind und auch bei makroskopischen Phänomenen beobachtet werden wie zum Beispiel bei der Supraleitung und Suprafluidität von Helium [siehe Wikipedia]. Bei einer zumindest teilweisen Naturalisierung metaphysischer Fragen betont er die Nützlichkeitkeit einer „realistischen Sicht“ auf die Zusammenhänge vertikaler und horizontaler Eigenschaftsinstantiierungen, die als Emergenz Neues hervorbringen:
If you believe …, that solid state physics (for example) is more than just advanced elementary particle physics, you will begin to ask how phenomena from the two fields interact. You should then be prepared to find that emergence may be complicated, but that it is neither mysterious nor uncommon.
a.a.O. S 17
Wenn Sie dagegen glauben, dass die Festkörperphysik (zum Beispiel) mehr ist als fortgeschrittene Elementarteilchenphysik, werden Sie sich fragen, wie Phänomene aus beiden Bereichen zusammenwirken. Sie sollten dann darauf vorbereitet sein, dass Emergenz zwar kompliziert, aber weder geheimnisvoll noch ungewöhnlich ist.
Humphreys ist es damit gelungen, einen gangbaren Weg aufzuzeigen, auf dem mentale Verursachung widerspruchsfrei beschrieben und als ‚echte‘ Emergenz (im Unterschied zu bloßer Supervenienz) fassbar gemacht werden kann. Der Weg von der Metaphysik zur Physik ist zwar mit dem Hinweis auf die Quantenphysik nur angedeutet, aber damit ist eine fruchtbare Idee in die Welt gesetzt.
II. Man könnte meinen, Roger Penrose habe zusammen mit Stuart Hameroff genau an dieser Stelle den Ball aufgenommen, obwohl der Zugang ein ganz anderer war. Ich beziehe mich auf zwei Aufsätze:
- Quantum computation in brain microtubules? The Penrose -Hameroff `Orch OR‘ model of consciousness, by Stuart Hameroff, Departments of Anesthesiology and Psychology, The University of Arizona, Tucson USA, in: Philosophical Transactions of The Royal Society London A (1998) 356 royalsocietypublishing.org/ zitiert als (A)
und - Consciousness in the universe. A review of the ‚Orch OR‘ theory, by Stuart Hameroff (Correspondig Author) and Roger Penrose, Mathematical Institute and Wadham College, University of Oxford, Oxford, UK, in: Physics of Life Reviews 11 (2014) 39- 78; available online 20 August 2013 www.sciencedirect.com zitiert als (B)
Die ausführliche Darstellung der Funktion der Microtubuli im Zusammenhang von Bewusstsein (vermutlich obsolet) lasse ich dabei aus und konzentriere mich auf das „Orchestrated Objective Reduction Modell (‚Orch OR‘)“ in der aktuellen Fassung als „Diósi-Penrose (DP) scheme of ‚objective reduction‘ (‚OR‘)“ . Der Hinweis auf die Microtubuli kann als Beispiel dienen für eine mögliche Lokalisierung des Orch OR auf einer unteren Ebene neuraler Prozesse – es gibt vielleicht auch eine andere, besser geeignete neurophysiologische Basis. Bemerkenswert ist bei Hameroff jedoch der Ausgang von seinem Fachgebiet, der Anästhesiologie, bei der Frage nach der Entstehung von Bewusstsein, also quasi aus der Negation heraus, wie in ärztlicher Praxis Bewusstsein ausgeschaltet wird. Dies ist noch keineswegs völlig aufgeklärt, ebenso wenig wie die genaue Funktionsweise des Schlafes, klassisch der ‚Schwester‘ der Bewusstlosigkeit, neurologisch hinreichend erklärt ist (siehe z.B. Schlafmediziner Michael Feld, Radiobeitrag WDR2).
Im Abstract zu (B) heißt es:
This orchestrated OR activity (‚Orch OR‘) is taken to result in moments of conscious awareness and/or choice. The DP form of OR is related to the fundamentals of quantum mechanics and space- time geometry, so Orch OR suggests that there is a connection between the brain ’s biomolecular processes and the basic structure of the universe.
Diese orchestrierte OR-Aktivität („Orch OR“) soll zu Momenten der bewussten Wahrnehmung und/oder Wahl führen. Die DP-Form von OR ist mit den Grundlagen der Quantenmechanik und der Raum-Zeit-Geometrie verbunden, so dass Orch OR auf eine Verbindung zwischen den biomolekularen Prozessen des Gehirns und der Grundstruktur des Universums besteht.
a.a.O. S 39
Hier soll zuerst der Versuch einer kurzen Darstellung der von Penrose ausgeführten quantenmechanischen und gravitationstheoretischen Probleme unternommen werden ( (B) Kap 4: Quantum physics and consciousness). Die Schwierigkeit besteht darin, dass dieser Abschnitt eine komplexe Abhandlung ist, und akzeptierte Interpretationen mancher behandelter ‚proto-mentaler Phänomene‘ vergleichsweise unsicher sind hinsichtlich der vorgeschlagenen Theorien, Modelle, Vermutungen. Ich beschränke mich daher auf den physikalischen Teil der Abschnitte 4.1 – 4.4 (S. 48 – 53) .
Uneindeutigkeiten und Unschärfen der Theorie liegen, so zeigt sich, in der Natur der Sache, nämlich dem sogenannten Messproblem („measurement problem“) in der Quantentheorie. Roger Penrose vertritt in mehreren Schriften die Meinung, menschliches Bewusstsein, Denken und Verstehen, sei nicht ‚berechenbar‘, könne also nicht durch Algorithmen hervorgebracht werden (gegen ’starke KI‘). Es erweist sich in bestimmter Hinsicht als „non-computable“.
Non-computability implies a non-algorithmic
process which is neither deterministic nor random, a property which Penrose also attributes to conscious thought and understanding.Nicht-Berechenbarkeit impliziert einen nicht-algorithmischen Prozess, der weder deterministisch noch zufällig ist, eine Eigenschaft, die Penrose auch dem bewussten Denken und Verstehen zuschreibt.
(A 1871)Non-computability is a perfectly well-defined mathematical concept, but it had not previously been considered as a serious possibility for the result of physical actions. The non-computable ingredient required for human consciousness and understanding, Penrose suggested, would have to lie in an area where our current physical theories are fundamentally incomplete…
Die Nicht-Berechenbarkeit ist ein klar definierter mathematischer Begriff, aber sie wurde bisher nicht als ernsthafte Möglichkeit für das Ergebnis physikalischer Aktionen in Betracht gezogen. Die nicht berechenbare Komponente, die für menschliches Bewusstsein und Verstehen erforderlich ist, so schlug Penrose vor, müsste in einem Bereich liegen, in dem unsere derzeitigen physikalischen Theorien grundlegend unvollständig sind.
B 49
Penrose sucht also nach einer physischen Entsprechung, die der Grund ist für diese besondere Eigenart menschlichen Geistes, und nach einer physikalischen Theorie, die dies beschreibt. Er findet sie in der Quantentheorie, und zwar genau in dem, was als ihre „Unvollständigkeit“ beklagt (Einstein, Schrödinger) bzw. als ihre ‚Nicht-Lokalität‘ (= nicht klassisch) beschrieben wird. Es sind speziell die Phänomene der quantenmechanischen Superposition, der Verschränkung („quantum entanglement“) und Teleportation („quantum teleportation“). Alle drei seit langem bekannten und gut belegten Phänomene bieten nicht-klassische Lösungen, was eben besagt, dass sie nicht mit der klassischen Physik, zu der auch die Allgemeine Relativitätstheorie gehört, vereinbar sind. Genau darum wurde der Quantentheorie von Einstein „Unvollständigkeit“ vorgeworfen, – sein mit Podolsky und Rosen vorgelegtes „Gedankenexperiment“ (EPR) sollte diese ‚Unvollständigkeit‘ (und seiner Meinung nach Fehlerhaftigkeit) beweisen. Tatsächlich wurden all diese Vorhersagen bestens belegt und gehören zur Standardbeschreibung der Quantentheorie. Nicht gelöst ist aber das ‚Messproblem‘ im Sinne von: Es gibt eine gute, allseits akzeptierte Beschreibung. Penrose behandelt dieses Problem im Abschnitt 4.2 (B) mit einiger Ausführlichkeit, denn es zeugt seiner Meinung nach von einer grundsätzlichen ‚Unvollständigkeit‘ der Theorie.
The laws governing these submicroscopic quantum entities differ from those governing our everyday classical world. For example, quantum particles can exist in two or more states or locations simultaneously, where such a multiple coexisting superposition of alternatives (each alternative being weighted by a complex number) would be described mathematically by a quantum wavefunction. The measurement problem (referred to above) is, in effect, the question of why we don’t see such superpositions in the consciously perceived macroscopic world; we see objects and particles as material, classical things in specific locations and states.
Die Gesetze, die für diese submikroskopischen Quanteneinheiten gelten, unterscheiden sich von denen, die für unsere alltägliche klassische Welt gelten. Zum Beispiel können Quantenteilchen in zwei oder mehr Zuständen oder Orten gleichzeitig existieren, wobei eine solche mehrfache Überlagerung von Alternativen (wobei jede Alternative mit einer komplexen Zahl gewichtet wird) mathematisch durch eine Quantum-Wellenfunktion beschrieben wird. Das (oben erwähnte) Messproblem ist im Grunde genommen die Frage, warum wir solche Überlagerungen in der bewusst wahrgenommenen makroskopischen Welt nicht sehen; wir sehen Objekte und Teilchen als materielle, klassische Dinge an bestimmten Orten und in bestimmten Zuständen.
B 49
Dasselbe gilt für das „non-local entanglement“ (Verschränkung) und die Quantum Superposition: Teilchen bleiben innerlich verbunden, obwohl sie räumlich getrennt sind, Teilchen sind gleichzeitig an verschiedenen Orten, und ihr wahrscheinlicher Ort wird durch eine Wellenfunktion angegeben. Das ‚Messproblem‘ besteht nun genau darin, dass wir Teilchen (entities, parts) in diesen Quantenzuständen nicht direkt wahrnehmen können, wir müssen dazu vielmehr den Quantenzustand brechen durch eine Beobachtung oder Messung, man spricht dann vom ‚Kollaps der Wellenfunktion‘ in einen klassischen Zustand. Genau darin zeigt sich das ‚Messproblem‘: Welche Rolle spielt der Beobachter, welche Rolle spielt die Umgebung mit ihren Einflüssen? Penrose argumentiert so:
Put more precisely, the measurement problem is the conflict between the two fundamental procedures of quantum mechanics. One of these procedures, referred to as unitary evolution, denoted here by U, is the continuous deterministic evolution of the quantum state (i.e. of the wavefunction of the entire system) according to the fundamental Schrödinger equation. The other is the procedure that is adopted whenever a measurement of the system – or observation – is deemed to have taken place, where the quantum state is discontinuously and probabilistically replaced by another quantum state (referred to, technically, as an eigenstate of a mathematical operator that is taken to describe the measurement). This discontinuous jumping of the state is referred to as the reduction of the state (or the ‚collapse of the wavefunction‘), and will be denoted here by the letter R. This conflict between U and R is what is encapsulated by the term ‚measurement problem‘ (but perhaps more accurately it may be referred to as ‚the measurement paradox‚).
Genauer gesagt, ist das Messproblem der Konflikt zwischen zwei grundlegenden Verfahren der Quantenmechanik. Eines dieser Verfahren, die so genannte unitäre Evolution, hier mit U bezeichnet, ist die kontinuierliche deterministische Entwicklung des Quantenzustands (d. h. der Wellenfunktion des gesamten Systems) gemäß der fundamentalen Schrödinger-Gleichung. Das andere ist das Verfahren, das angewandt wird, wenn eine Messung des Systems – oder eine Beobachtung – als stattgefunden betrachtet wird, bei dem der Quantenzustand diskontinuierlich und probabilistisch durch einen anderen Quantenzustand ersetzt wird (technisch gesehen ein Eigenzustand eines mathematischen Operators, der zur Beschreibung der Messung herangezogen wird). Dieser diskontinuierliche Sprung des Zustands wird als Reduktion des Zustands (oder ‚Kollaps der Wellenfunktion‘) bezeichnet, und wird hier mit dem Buchstaben R bezeichnet. Dieser Konflikt zwischen U und R wird mit dem Begriff „Messproblem“ umschrieben (aber vielleicht ist es genauer, ihn ‚Messparadoxon‚ zu nennen).
B 50
Nicht nur die jeweilige Umgebung des Quantensystems, also zum Beispiel der Apparat der Versuchsanordnung, macht ihm Sorgen, weil auch die gesamte Umgebung als Quantensystem betrachtet und berücksichtigt (!) werden müsste, vielmehr ist es der ‚Sprung‘, die Diskontiuität von ‚U‘ nach ‚R‘, die Fragen aufwirft. Die bisherigen Beschreibungen oder Umschreibungen des Vorgangs sind ungenau (Dekohärenz) und allenfalls bildlich zu nehmen: ‚Kollaps‘, was kollabiert denn da? ‚Beobachtung‘ – ist die Messung nur ein epistemischer Vorgang im Kopf des Physikers? Penrose kritisiert an der „Kopenhagener Deutung“ von Niels Bohr und Werner Heisenberg, die zur Standardinterpretation geworden ist, ihre ontologische Unbestimmtheit bzw. ontische Irrelevanz.
In this way, the Copenhagen viewpoint puts consciousness outside science, and does not seriously address the ontological nature or physical role of superposition itself nor the question of how large quantum superpositions like Schrödinger’s superposed live and dead cat (see below) might actually become one thing or another.
Auf diese Weise lässt der Kopenhagener Standpunkt das Bewusstsein außen vor der Wissenschaft und befasst sich weder ernsthaft mit der ontologischen Natur oder der physikalischen Rolle der Superposition selbst noch mit der Frage, wie große Quantensuperpositionen wie Schrödingers überlagerte lebende und tote Katze (siehe unten) tatsächlich zu dem einen oder anderen Ding werden könnten.
B 50
Penrose wirft dann noch einen Blick auf die Viele-Welten-Interpretation von Everett, die ebenso wenig zu einer überzeugenden Lösung beiträgt wie das Konzept der „umgebungsbedingten Dekohärenz“ („environmental decoherence“), die keine „konsistente Ontologie für die Realität der Welt“ bietet, sondern nur „ein pragmatisches Verfahren“ („However, decoherence does not provide a consistent ontology for the reality of the world, in relation to the density matrix, and provides merely a pragmatic procedure.“ B 51) Schließlich dient das berühmte Beispiel von ‚Schrödingers Katze‘
„to illustrate the absurdity of the direct applicability of the rules of quantum mechanics (including his own U-evolution) when applied at the level of a cat. Like Einstein, he regarded quantum mechanics as an incomplete theory, and his ‚cat‘ provided an excellent example for emphasizing this incompleteness. There is a need for something to be done about quantum mechanics, irrespective of the issue of its relevance to consciousness.
„um die Absurdität der direkten Anwendbarkeit der Regeln der Quantenmechanik (einschließlich seiner eigenen U-Evolution) zu veranschaulichen, wenn sie auf der Ebene einer Katze angewendet werden. Wie Einstein betrachtete er die Quantenmechanik als eine unvollständige Theorie, und seine „Katze“ bot ein hervorragendes Beispiel, um diese Unvollständigkeit zu verdeutlichen. Es gibt noch einiges zu tun bezüglich der Quantenmechanik unabhängig von der Frage der Relevanz für das Bewusstsein.
B 51
Penrose’s Vorschlag der „Orchestrated Ojective Reduction“, kurz Orch OR, jetzt genauer als „Diósi-Penrose (DP) scheme of ‚objective reduction‘ (‚OR‘)“ bezeichnet, ist tatsächlich ein sehr grundsätzlicher und weitreichender Lösungsansatz hinsichtlich einer Verbindung der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) mit der Quantentheorie (QT). Man könnte ihn als einen Vorläufer oder besser eine Variante derjenigen Richtung der Quantenphysik ansehen, die als Quanten-Loop-Theorie, von einigen Vertretern genauer als Relational Quantum Mechanics (Laudisa; Rovelli 2019) bezeichnet wird als Verbindung von ART und Quantenmechanik. Letztere beziehen sich ausdrücklich auf Penrose’s ‚OR‘.
Die „Diósi-Penrose (DP) ‚objective reduction (‚OR‘)“ (DP) OR wird als Ergänzung oder Ausweitung der gängigen Quantenmechanik eingeführt, um eine Brücke zu bauen zwischen klassischer relativistischer Physik und Quantenmechanik im Blick auf quantengravitative Phänomene („quantum- gravitational phenomenon“).
In the DP version of OR, the reduction R of the quantum state does not arise as some kind of convenience or effective consequence of environmental decoherence, etc. , as the conventional U formalism would seem to demand, but is instead taken to be one of the consequences of melding together the principles of Einstein ’s general relativity with those of the conventional unitary quantum formalism U, and this demands a departure from the strict rules of U. According to this OR viewpoint, any quantum measurement- whereby the quantum-superposed alternatives produced in accordance with the U formalism becomes reduced to a single actual occurrence – is a real objective physical process, and it is taken to result from the mass displacement between the alternatives being sufficient, in gravitational terms, for the superposition to become unstable.
In der DP-Version von OR entsteht die Reduktion R des Quantenzustands nicht als eine Art Zweckmäßigkeit oder effektive Folge der Umgebungsdekohärenz usw., wie es der konventionelle U-Formalismus zu verlangen scheint, sondern sie wird als eine der Folgen der Verschmelzung der Prinzipien der allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins mit denen des konventionellen unitären Quantenformalismus U angesehen, was eine Abweichung von den strengen Regeln von U erfordert. Nach diesem OR-Standpunkt ist jede Quantenmessung, bei der die gemäß dem U-Formalismus erzeugten Alternativen der Quantenüberlagerung auf ein einziges tatsächliches Ereignis reduziert werden, ein objektiver physikalischer Vorgang, der sich daraus ergibt, dass die Massenverschiebung zwischen den Alternativen gravitativ ausreicht, um die Überlagerung instabil werden zu lassen.
B 51
(DP) OR geht davon aus, dass der ‚Zerfall‘ einer Superposition dem radioaktiven Zerfall vergleichbar ist und auf einer Zeitskala stattfindet, die durch das Verhältnis von Planck-Konstante zur Gravitationsenergie der beteiligten Massen bestimmt ist.
Here ħ (= h/2π) is Dirac’s form of Planck’s constant h and EG is the gravitational self-energy of the difference between the two (stationary) mass distributions of the superposition. (For a superposition for which each mass distribution is a rigid translation of the other, EG is the energy it would cost to displace one component of the superposition in the gravitational field of the other, in moving it from coincidence to the quantum-displaced location.)
Dabei ist ħ (= h/2π) die Dirac’sche Form der Planck’schen Konstante h und EG ist die Gravitations-Eigenenergie der Differenz zwischen den beiden (stationären) Massenverteilungen in der Überlagerung. (Für eine Überlagerung, bei der jede Massenverteilung eine strikte Übertragung der anderen ist, ist EG die Energie, die es kosten würde, eine Komponente der Überlagerung im Gravitationsfeld der anderen zu verschieben, indem man sie per Zufall zum quantenverschobenen Ort bewegt).
B 52
Das klingt noch reichlich kryptisch, wird aber folgendermaßen erläutert: Nach der relativistischen Beschreibung der Gravitation (ART) wird die 4-dimensionale Raum-Zeit entsprechend der Massenverteilung im gravitativen Feld ‚gekrümmt‘. Jede unterschiedliche Massenverteilung / Massendichte bewirkt eine entsprechende Krümmung, mag sie auch noch so gering sein. Eine Superposition zweier Massen unterscheidet sich, realistisch verstanden, durch die Massenverteilung ihres Gesamtzustandes, und dem korrespondiert auch eine veränderte Raum-Zeit-Geometrie. Zwei in Superposition befindliche Massen differieren in den Orten und damit in der gravitativen Krümmung der Raum-Zeit. Auf der Zeitachse bedeutet das, dass die unterschiedlichen Massen zeitlich in unterschiedlichen Krümmungen evolvieren. Wenn nun diese Spaltung („bifurcation“) der intrinsischen Geometrie einen kritischen Punkt erreicht, kann nur eine der beiden Alternativen wirklich existieren; der Quantenzustand wird reduziert (OR) auf eine der beiden alternativen Zustände.
[Für Interessierte biete ich den gesamten Textabschnitt im Original, ohne Illustration, nach dem Zitat geht es dann weiter.]
In the current context, superposed quantum states for which the respective mass distributions differ significantly from one another will have space- time geometries that also correspondingly differ. For illustration, in Fig. 8, we consider a 2-dimensional space- time sheet (one space and one time dimension). In Fig. 8 at left, the top and bottom alternative curvatures indicate a mass in two distinct locations. If that mass were in superposition of both locations, we might expect to see both curvatures, i.e. the bifurcating space-time depicted in the right of Fig. 8, this being the union („glued together version“) of the two alternative space-time histories that are depicted on the left. The initial part of each space-time is at the upper left of each individual space- time diagram, and so the bifurcating space-time diagram on right moving downward and rightward ilIustrates two alternative mass distributions evolving in time, their space- time curvature separation increasing.
Quantum-mechanically (so long as OR has not taken place), the ‚physical reality ‚ of this situation, as provided by the evolving wavefunction, is being illustrated as an actual superposition of these two slightly differing space- time manifolds, as indicated on the right of Fig. 8. Of course there is additional artistic license involved in drawing the space- time sheets as 2-dimensional, whereas the actual space- time constituents are 4-dimensional. Moreover, there is no significance to be attached to the imagined ‚3 -dimensional space‘ within which the space-time sheets seem to be residing. There is no ‚actual‘ higher dimensional space there, the ‚intrinsic geometry‘ of the bifurcating space-time being all that has physical significance. When the ’separation ‚ of the two space-time sheets reaches a critical amount, one of the two sheets ‚dies‘-in accordance with the OR criterion- the other being the one that persists in physical reality. The quantum state thus reduces (OR), by choosing between either the curved or flat space- time in each of the two separations in Fig. 8.
It should be made clear that this measure of superposition separation is only very schematically illustrated as the ‚distance ‚ between the two sheets in Fig. 8. As remarked above, there is no physically existing ‚ambient higher dimensional space‘ inside which the two sheets reside. The degree of separation between the space- time sheets is a more abstract mathematical thing; it would be more appropriately described in terms of a symplectic measure on the space of 4-dimensional metrics (c f. [92, 121 ]) but the details (and difficulties) of this will not be important for us here. It may be noted, however, that this separation is a space- time separation, not just a spatial one. Thus the time of separation contributes as well as the spatial displacement. It is the product of the temporal separation T with the spatial separation S that measures the overall degree of separation, and OR takes place when this overall separation reaches the critical amount.Im vorliegenden Zusammenhang werden überlagerte Quantenzustände, deren Massenverteilungen sich deutlich voneinander unterscheiden, auch entsprechend unterschiedliche Raum-Zeit-Geometrien aufweisen. Zur Veranschaulichung betrachten wir in Abb. 8 ein 2-dimensionales Raum-Zeit-Blatt (eine Raum- und eine Zeitdimension). In Abb. 8 links zeigen die oberen und unteren alternativen Krümmungen eine Masse an zwei verschiedenen Orten. Befände sich diese Masse in Überlagerung beider Orte, könnten wir erwarten, beide Krümmungen zu sehen, d. h. die in Abb. 8 rechts dargestellte sich gabelnde Raumzeit, die die Vereinigung („zusammengeklebte Version“) der beiden links dargestellten alternativen Raumzeitverläufe darstellt. Der Anfangsteil jeder Raumzeit befindet sich oben links in jedem einzelnen Raum-Zeit-Diagramm, und so illustriert das sich nach unten und rechts bewegende Bifurkations-Raum-Zeit-Diagramm rechts zwei alternative Massenverteilungen, die sich in der Zeit entwickeln, wobei ihr Raum-Zeit-Krümmungsabstand zunimmt.
Quantenmechanisch gesehen (solange kein OR stattgefunden hat) wird die „physikalische Realität“ dieser Situation, wie sie sich aus der sich entwickelnden Wellenfunktion ergibt, als aktuale Überlagerung dieser beiden leicht unterschiedlichen Raum-Zeit-Mannigfaltigkeiten dargestellt, wie rechts in Abb. 8 angegeben. Natürlich ist es eine zusätzliche künstlerische Freiheit, die Raum-Zeit-Flächen als 2-dimensional zu zeichnen, während die tatsächlichen Raum-Zeit-Komponenten 4-dimensional sind. Außerdem hat der imaginäre „3-dimensionale Raum“, in dem sich die Raum-Zeit-Folien zu befinden scheinen, keine Bedeutung. Es gibt dort keinen „tatsächlichen“ höherdimensionalen Raum, sondern nur die „intrinsische Geometrie“ der sich gabelnden Raumzeit
ist alles, was physikalische Bedeutung hat. Wenn die „Trennung“ der beiden Raum-Zeit-Schichten einen kritischen Wert erreicht, „stirbt“ eine der beiden Schichten – gemäß dem OR Kriterium – die andere ist diejenige, die in der physikalischen Realität fortbesteht. Der Quantenzustand reduziert sich also (OR), indem er zwischen der gekrümmten und der flachen Raumzeit in jeder der beiden Trennungen in Abb. 8 wählt.Es sollte klargestellt werden, dass dieses Maß der Überlagerungstrennung nur sehr schematisch als „Abstand“ zwischen den beiden Blättern in Abb. 8 dargestellt ist. Wie bereits erwähnt, gibt es keinen physikalisch existierenden „umgebenden höherdimensionalen Raum“, in dem sich die beiden Blätter befinden. Der Grad der Trennung zwischen den Raum-Zeit-Folien ist eine abstraktere mathematische Größe, die besser durch ein symplektisches Maß auf dem Raum der vierdimensionalen Metrik beschrieben werden kann (vgl. [92, 121]), aber die Einzelheiten (und Schwierigkeiten) sind für uns hier nicht wichtig. Es sei jedoch angemerkt, dass diese Trennung eine Raum-Zeit-Trennung ist, nicht nur eine räumliche. Die zeitliche Trennung trägt also ebenso dazu bei wie die räumliche Verschiebung. Es ist das Produkt aus der zeitlichen Trennung T und der räumlichen Trennung S, das den Gesamtgrad der Trennung misst, und OR findet statt, wenn diese Gesamttrennung den kritischen Wert erreicht.
B 52 – 53
Penrose gibt zu, dass es noch keine kohärente Theorie der Quantengravitation gibt und damit auch keine Weise, mit einer Superposition im Bezug auf eine Bifurkation in der Raum-Zeit-Geometrie umzugehen. Die Schwierigkeiten rühren her von dem noch ungeklärten Verhältnis von Einsteins ART und der Quantenmechanik. Irgendeine Form einer objektiven Reduktion ist erforderlich, wobei in seinem Vorschlag die Größenordnungen bedeuten, dass Zeitdifferenzen bis zur ‚automatischen‘ Reduktion extrem klein sind, wenn die Raumdifferenz vergleichsweise groß ist wie bei Schrödingers Katze. Umgekehrt kann ein einzelnes isoliertes Elektron im superposierten Zustand die Zerfallsschschwelle erst nach tausenden Jahren erreichen.
Soweit (DP) OR als Vorschlag die Physik betreffend. Aber das Orch OR Schema reicht nach Penrose / Hameroff weiter, wenn man versucht, genau diese (DP) OR Version auf das Phänomen des Bewusstseins zu beziehen und auf biologische Systeme anzuwenden. Dazu bedarf es einer effektiven Isolierung des betrachteten Systems in Superposition, um nicht im ‚Rauschen‘ der Umgebung durch klassische Dekohärenz unterzugehen. Ein spezifischer Beitrag des superposierten, verschränkten Systems müsste ja von den Zufallsereignissen der Umgebungssysteme unterscheidbar sein. Daraus ergeben sich folgende Bedingungen für einen spezifischen OR Prozess in einem biologischen System:
If, however, a quantum superposition is ( 1) ‚orchestrated‘ , i.e. adequately organized, imbued with cognitive information, and capable of integration and computation, and (2) isolated from non-orchestrated, random environment long enough for the superposition EG to evolve by the U formalism to reach time τ by τ ~ ħ/ EG , then Orch OR will occur and this, according to the scheme, will result in a moment of consciousness. Thus if the suggested non-computable effects of this OR proposal are to be laid bare, where DP is being adopted and made use of in biological evolution, and ultimately orchestrated for moments of actual consciousness, we indeed need significant isolation from the environment.
Wenn jedoch eine Quanten-Superposition (1) „orchestriert“ ist, d.h. angemessen organisiert, mit kognitiver Information durchdrungen und fähig zur Integration und Berechnung, und (2) lange genug von einer nicht-orchestrierten, zufälligen Umgebung isoliert ist, damit sich die Superposition EG durch den U-Formalismus entwickeln kann, um die Zeit τ durch τ ~ ħ/ EG zu erreichen, dann tritt Orch OR auf, und dies führt dem Schema zufolge zu einem Moment des Bewusstseins. Wenn also die vorgeschlagenen, nicht berechenbaren Effekte dieses OR-Vorschlags offengelegt werden sollen, wenn DP in der biologischen Evolution übernommen und genutzt und schließlich für Momente tatsächlichen Bewusstseins orchestriert wird, brauchen wir in der Tat eine signifikante Isolierung von der Umwelt.
B 54
Penrose muss aber zugeben, dass es derzeit (2013) noch keine experimentelle Bestätigung für dieses Theorie gibt, und das gilt wohl bis heute:
As yet, no experiment has been refined enough to determine whether the (DP) OR proposal is actually respected by Nature, but the experimental testing of the scheme is fairly close to the borderline of what can be achieved with present-day technology.
Bisher ist noch kein Experiment so weit verfeinert worden, dass sich feststellen ließe, ob der (DP) OR-Vorschlag tatsächlich von der Natur respektiert wird, aber die experimentelle Erprobung des Schemas liegt ziemlich nahe an der Grenze dessen, was mit der heutigen Technologie erreicht werden kann.
B 54
Immerhin gebe es den Nachweis von Superpositionen in kleinsten kristallinen Strukturen, es bleiben aber die Schwierigkeiten des Erfassens minimaler Größen von Massen und raum-zeitlichen Abständen auf Planck-Dimensionen (10-35 Länge; 10-44 Zeit), der Messung entsprechender Schwingungen bzw. Resonanzen usw. Der Aufsatz gibt eine ausführliche Beschreibung auch der technischen Herausforderungen, – ganz zu schweigen von der Möglichkeit einer eindeutigen Interpretation etwaiger Ergebnisse. Offenbar ist es keineswegs so einfach, wie es Hameroff in dem früheren Aufsatz (A) darstellt:
Objective reductions are therefore events which reconfigure the fine scale of space-time geometry. As described in Sec. 5, modern pan-psychists attribute protoconscious experience to a fundamental property of physical reality. If so, consciousness might involve self-organizing OR events rippling through an experiential medium. Could OR events be occurring in the brain? If so, they would be expected to coincide with known neurophysiological processes with recognized time-scales. The critical degree of space-time separation causing Penrose’s objective reduction is related to quantum gravity by the uncertainty principle…
Objektive Reduktionen sind daher Ereignisse, die die feine Skala der Raum-Zeit-Geometrie neu konfigurieren. Wie in Punkt 5 beschrieben, schreiben moderne Pan-Psychisten die protobewusste Erfahrung einer fundamentalen Eigenschaft der physikalischen Realität zu. Wenn dem so ist, könnte das Bewusstsein selbstorganisierende OR-Ereignisse beinhalten, die sich durch ein Erfahrungsmedium ausbreiten. Könnten OR-Ereignisse im Gehirn stattfinden? Wenn ja, würde man erwarten, dass sie übereinstimmen mit bekannten neurophysiologischen Prozessen in anerkannten Zeitskalen. Der kritische Grad der Raum-Zeit-Trennung, der Penrose’s objektive Reduktion (OR) verursacht, ist bezogen auf die Quantengravitation durch die Unschärferelation…
A 1871
Hameroff sieht hier die besondere Bedeutung der Microtubuli: „Biological materials best suited for quantum computation and objective reduction are proteins, particularly assemblies of proteins called microtubules.“ (a.a.O) Momente eines ersten Bewusstsein ergeben sich durch die selbstinduzierte Reduktion des Quanten-Superzustands. In dem späteren Aufsatz (B, 2013) wird von Penrose / Hameroff das Beispiel der Microtubuli breiter ausgeführt (B 5.1 – 5.3, S. 58 – 61), gegenüber (A) modifiziert hinsichtlich der Verschränkung / Superposition von Dipol-Schwingungen – siehe die dazugehörige Skizze Fig.10 (B 60: „proposed picture of a conscious event by quantum computing in one of a vast number of microtubules all acting coherently so that there is sufficient mass displacemenl for Orch OR to take place.“) Man kann das nachlesen im Abschnitt 5. Orch OR and quantum brain biology (B). Die ausführliche Auseinandersetzung mit Kritikern (5.6) und experimentell zu verifizierende Voraussagen (5.7) mag die interessierte Leserin selber beurteilen.
Weit über evidente Phänomene und generell akzeptierte Theorien hinaus geht der Vorschlag, den freien Willen in der temporalen Nicht-Lokalität des verschränkten Quantenzustands zu verankern (B 5.4) Im Zusammenwirken von verschränkter und klassischer Informationsübertragung mittels Quanten-Teleportation sehen die Autoren ein Mittel, bewussten Momenten die Fähigkeit zu Übermittlung von Informationen zuzuschreiben. [weiter nach dem Zitat]
In Section 4.2, it was pointed out that the (experimentally confirmed) phenomenon of ‚quantum teleportation‘ cannot be explained in terms of ordinary classical information processing, but as a combination of such classical causal influences and the acausal effects of quantum entanglement. It indeed turns out that quantum entanglement effects – encompassed by such terms as ‚quantum information‘ or ‚quanglement‘ (Penrose [11 4, 11 6])- appear to have to be thought of as being able to propagate in either direction in time (into the past or into the future). Such effects, however, cannot by themselves be used to communicate ordinary information into the past. Nevertheless, in conjunction with normal classical future propagating (i.e. ‚causal)‘) signaling, these quantum-teleportation influences can achieve certain kinds of ’signaling‘ that cannot be achieved simply by classical future-directed means.
In Abschnitt 4.2 wurde darauf hingewiesen, dass das (experimentell bestätigte) Phänomen der „Quantenteleportation“ nicht durch gewöhnliche klassische Informationsverarbeitung erklärt werden kann, sondern durch eine Kombination aus solchen klassischen kausalen Einflüssen und den akausalen Effekten der Quantenverschränkung. In der Tat zeigt sich, dass Effekte der Quantenverschränkung – die mit Begriffen wie „Quanteninformation“ oder „Quanglement“ (Penrose [11 4, 11 6]) umschrieben werden – offenbar in der Lage sind, sich in beide Richtungen der Zeit (in die Vergangenheit oder in die Zukunft) auszubreiten. Solche Effekte können jedoch nicht allein gewöhnliche Informationen in die Vergangenheit übermitteln. In Verbindung mit normalen, sich in die Zukunft ausbreitenden (d. h. „kausalen“) Signalen können diese Einflüsse einer Quanten-Teleportation jedoch bestimmte Arten von ‚Signalen‘ bewirken, die mit klassischen, in die Zukunft gerichteten Mitteln nicht erreicht werden können.
B 64
Noch weiter greift der Vorschlag aus, die Orch OR, einmal in der gravitativen Grundstruktur des Kosmos verankert, als wesentlichen Teil der Evolution zu begreifen, die Leben mit Bewusstsein ermöglicht hat (B 5.5), ja die entscheidende Bedingung dafür war, bewusstes Sein als evolutionären Vorteil zu fördern. Deutlich in die pan-psychistische Richtung weist die Perspektive, die Penrose im letzten Abschnitt 6 (B 70ff.) beschreibt, – unter anderem mit Verweis auf Alfred North Whitehead (B 71; Process and Reality; Adventure of Ideas). [weiter nach dem Zitat]
What about Orch OR in non-biological systems? After all, τ ~ ħ/ EG happens everywhere. What kind of role might there be for it in consciousness elsewhere in the universe?… Very large masses can be involved in quantum superpositions, occurring in the universe in quantum-mechanical situations, for example in the cores of neutron stars… Whether such quantum systems could be orchestrated to have meaningful, cognitive Orch OR conscious moments is unknown, but it is certainly conceivable that sentient creatures might have evolved in parts of the universe that would be highly alien to us, for example on neutron-star surfaces, with very large scale superpositions, and presumably very high frequency OR events…
Was ist mit Orch OR in nicht-biologischen Systemen? Immerhin kommt τ ~ ħ/ EG überall vor. Welche Rolle könnte es für das Bewusstsein anderswo im Universum spielen?… Sehr große Massen können an Quantenüberlagerungen beteiligt sein, die im Universum in quantenmechanischen Situationen vorkommen, zum Beispiel in den Kernen von Neutronensternen… Ob solche Quantensysteme so orchestriert werden könnten, dass sie sinnvolle, kognitive OR-Bewusstseinsmomente haben, ist unbekannt, aber es ist sicherlich denkbar, dass sich empfindungsfähige Wesen in Teilen des Universums entwickelt haben könnten, die uns sehr fremd sind, zum Beispiel auf Oberflächen von Neutronensternen, mit sehr großräumigen Überlagerungen und vermutlich sehr häufigen OR-Ereignissen…
B 73
Solche Spekulationen beziehen sich letztlich auf die Zugrundelegung eines starken „anthropischen Prinzips“, wie Penrose ergänzt, um die Frage zu beantworten: „Why is the universe favorable to consciousness? – Warum ist das Universum für das Bewusstsein so günstig?“ Der Hinweis auf einen Bezug zu seinem „cosmological scheme of conformal cyclic cosmology (CCC)“ beschließt den Abschnitt (B 73). –
Penrose fasst die Hauptpunkte des Artikels in Abschnitt 7. zusammen:
‚Orchestrated objective reduction‘ (‚Orch OR‘) is a theory which proposes that consciousness consists of a sequence of discrete events, each being a moment of ‚objective reduction‘ (OR) of a quantum state (according to the DP scheme), where it is taken that these quantum states exist as parts of a quantum computations carried on primarily in neuronal microtubules. Such OR events would have to be ‚orchestrated‘ in an appropriate way (Orch OR), for genuine consciousness to arise. OR itself is taken to be ubiquitous in physical actions, representing the ‚bridge‘ between the quantum and classical worlds, where quantum superpositions between pairs of states get spontaneously resolved into classical alternatives in a timescale ~ τ , calculated from the amount of mass displacement that there is between the two states. In our own brains, the OR process that evoke consciousness, would be actions that connect brain biology (quantum computations in microtubules) with the fine scale structure of space- time geometry, the most basic level of the universe, where tiny quantum space- time displacements are taken to be responsible for OR. The Orch-OR proposal therefore stretches across a considerable range of areas of science, touching upon the foundations of general relativity and quantum mechanics, in unconventional ways, in addition to the more obviously relevant areas such as neuroscience, cognitive science, molecular biology, and philosophy.
Orchestrierte objektive Reduktion“ („Orch OR“) ist eine Theorie, die vorschlägt, dass das Bewusstsein aus einer Abfolge von diskreten Ereignissen besteht, von denen jedes ein Moment der „objektiven Reduktion“ (OR) eines Quantenzustands (nach dem DP-Schema) ist, wobei davon ausgegangen wird, dass diese Quantenzustände als Teile von Quantenoperationen existieren, die hauptsächlich in neuronalen Mikrotubuli ablaufen. Solche OR-Ereignisse müssten in geeigneter Weise „orchestriert“ werden (Orch OR), damit echtes Bewusstsein entstehen kann. Die OR selbst wird als allgegenwärtig in physikalischen Handlungen angesehen und stellt die „Brücke“ zwischen der Quanten- und der klassischen Welt dar, in der Quantenüberlagerungen zwischen Zustandspaaren spontan in klassische Alternativen aufgelöst werden, und zwar auf einer Zeitskala ~τ , die sich aus der Menge der Massenverschiebung zwischen den beiden Zuständen errechnet. In unserem eigenen Gehirn wären die OR-Prozesse, die das Bewusstsein hervorrufen, Aktionen, die die Hirnbiologie verbinden (Quantenoperationen in Mikrotubuli) mit der Feinstruktur der Raum-Zeit-Geometrie, der grundlegendsten Ebene des Universums, wo winzige raum-zeitliche Quanten-Verschiebungen für die OR verantwortlich gemacht werden. Der Orch-OR-Vorschlag erstreckt sich daher über eine beträchtliche Bandbreite von Wissenschaftsbereichen und berührt auf unkonventionelle Weise die Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik, zusätzlich zu den offensichtlicheren Bereichen wie Neurowissenschaft, Kognitionswissenschaft, Molekularbiologie und Philosophie.
B 73
Und die Autoren fügen selbstbewusst hinzu:
It is not surprising, therefore, that Orch OR has been persistently criticized from many angles since its introduction in 1994. Nonetheless, the Orch OR scheme has so far stood the test of time better than most other schemes, and it is particularly distinguished from other proposals by the many scientifically tested, and potentially testable, ingredients that it depends upon.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Orch OR seit seiner Einführung im Jahr 1994 von vielen Seiten immer wieder kritisiert wurde. Nichtsdestotrotz hat sich das Orch-OR-System bisher besser bewährt als die meisten anderen Systeme, und es unterscheidet sich von anderen Vorschlägen vor allem durch die vielen wissenschaftlich geprüften und potenziell prüfbaren Bestandteile, auf denen es beruht.
B 74
III. Ohne Zweifel ist der von Robert Penrose und Stuart Hameroff vorgelegte Entwurf äußerst ehrgeizig und anspruchsvoll, versucht er doch auf einen Schlag zwei Grundprobleme moderner Wissenschaften aufzulösen: die Vereinbarkeit von ‚klassischer‘ relativistischer Physik mit Beschreibungen der Quantenmechanik und die Lösung des Rätsels des Bewusstseins, also des Bereichs des Mentalen innerhalb der Neurophysiologie. Der überraschende ‚Trick‘ besteht darin, gerade in der Verbindung der beiden wesentlichen Fragen moderner Naturwissenschaft und Philosophie eine Antwort zu finden. Der vorgeschlagene Lösungspfad ist sicher nicht für jeden auf den ersten Blick einsichtig, – und für die Fachwissenschaftlerinnen vielleicht auch nicht auf den zweiten Blick. Aber die Richtung ihres Denkens ist dennoch durchaus folgerichtig.
a) Der Penrose – Hameroff – Vorschlag liegt genau in der Richtung, die auch Paul Humphreys in seinem viel beachteten Aufsatz eingeschlagen hat. Die Quantenphysik mit ihren überraschend neuen Fragen und Erkenntnissen scheint, eben weil sie ’nicht-klassisch‘ ist, ein Bereich neuen Denkens über die Wirklichkeit zu sein, die vielleicht auch ‚alte‘ und verhärtete Problemstellungen (physikalistisch – dualistisch) aufbrechen und tatsächlich zu neuen Horizonten führen kann. Penrose, Nobelpreisträger für Physik 2020 [für mathematische Methoden als Beweis, dass Schwarze Löcher eine direkte Folge der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins sind] ist ein derart kreativer, mathematisch und naturwissenschaftlich versierter Kopf, dass seine Lösungsvorschläge zwar bisweilen unorthodox scheinen, aber auch immer wieder wissenschaftlich, insbesondere auch philosophisch, aufrüttelnd sind, um vielleicht ein bislang gültiges Paradigma (im Sinne Kuhns) zu durchbrechen und zu verändern.
b) Wirft man einen Blick (zugegeben, notwendigerweise einen längeren) auf ausgewählte Literatur zur Quantenphysik (siehe unten), dann wird rasch deutlich, das große Teile der bekannten Quanteneffekte immer noch in vielerlei Hinsicht rätselhaft sind, auch wenn man inzwischen gelernt, recht pragmatisch und instrumentell erfolgreich damit umzugehen. Die zugrunde liegende Theorie, und noch mehr: die zugrunde liegende Wirklichkeit ist noch keineswegs hinreichend verstanden. Penrose’s Beharren auf einer realistischen Interpretation ist da durchaus wichtig und richtig. Oder sollte sich das, was bisher an den quantenphysikalischen Modellen unverstanden ist, als rein theoretisches, epistemisches Konstrukt ‚wegerklären‘ lassen? Das wäre den neuen Dimensionen ’nicht-lokaler‘ Wirklichkeiten kaum angemessen. Insofern ist auch für das altbekannte Thema „mentaler Verursachung“ die Akte noch längst nicht geschlossen. Neue Entwürfe sind zu erwarten – neue Denkmodelle über unsere komplexe Wirklichkeit und ihre Abbildung in Naturwissenschaft und Philosophie werden entwickelt – und sind auch verheißungsvoll und notwendig.
Literaturhinweis zum Thema Quantenphysik:
- Speakable and Unspeakable in Quantum Mechanics –
Collected Papers on Quantum Philosophy, Aufsatzband herausgegeben von J. S. Bell, Cambridge 2004, 2. Aufl. 2011 - Quantum [Un]Speakables II – Half a Century of Bell’s Theorem, Editors: Reinhold Bertlmann, Anton Zeilinger, Springer 2017
(beides online verfügbar über Universitätszugang.)
Update 07.02.2023: (erscheint nicht im PDF-Text)
Quantenphysik
Wiener Physiker lassen Zeit rückwärts laufen
In der Alltagswelt schreitet die Zeit immer voran. Ein Glas, das zu Boden fällt und zerbricht, setzt sich nicht wieder zusammen und springt auf den Tisch. In der Quantenwelt ist es – wie so oft – anders: Wiener Physikern und Physikerinnen ist es nun gelungen, in einem Quantensystem die Zeit quasi rückwärts laufen zu lassen.
https://science.orf.at
Ausführlicher beschrieben bei scinexx.
Danksagung:
Dieser Beitrag geht zurück auf ein Seminar bei Prof. Ulrich Krohs im WS 2022/2023 an der Uni Münster mit vielen interessanten Teilnehmerinnen, Texten und äußerst anregenden Diskussionen!
Auch als PDF verfügbar.
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